Zivilprozesskosten sind als außergewöhnliche Belastungen abziehbar
Bundesfinanzhof erkennt Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen an
Zivilprozesskosten können mittlerweile unabhängig von dem Gegenstand des Zivilprozesses als Gegenstand bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Außergewöhnliche Belastungen sind dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehende größere Aufwendungen, die über die der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehenden Kosten hinausgehen.
Bisher wurden Zivilprozesskosten nur in Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Nämlich dann, wenn es sich um Rechtsstreiten mit existenzieller Bedeutung für Steuerpflichtige handelte. Diese enge Auslegung des Gesetzes wurde jedoch mit dem Urteil vom 12. Mai im Jahre 2011 durch den Bundesfinanzhof aufgegeben. Entschieden wurde, dass Zivilprozesskosten nun unabhängig vom Gegenstand des Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Und zwar dann, wenn die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete beziehungsweise nicht mutwillig erscheine. Also dann, wenn der Erfolg des Zivilprozesses mindestens ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg sei. Der Bundesfinanzhof hat nun das angefochtene Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Finanzamt zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang sei zu prüfen, ob die Führung des Prozesses gegen die Krankenversicherung aus damaliger Sicht hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt habe.
Quelle: Bundesfinanzhof (BFH) vom 12.05.11 VI R 42/10; Mitteilung Nr. 52 vom 13. Juli 2011.
Steuerberater Jasper Köln empfiehlt:
Das Bundesfinanzministerium war mit dem Urteil des höchsten deutschen Steuergerichts nicht einverstanden. Der Bundesfinanzminister reagierte mit einem sog. „Nichtanwendungsschreiben“. Darin werden die Finanzämter angewiesen, das Urteil nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus bei anderen Steuerpflichtigen anzuwenden.
Sind auch bei Ihnen Zivilprozesskosten für Klagen angefallen?
Dann sollten Sie prüfen lassen, ob das BFH-Urteil auf Ihren Fall anzuwenden ist. Da die Finanzämter die Anweisung, dass Urteil nicht anzuwenden, befolgen müssen, werden sie die Anerkennung der Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung nicht anerkennen. Dagegen sollte dann Einspruch und Klage eingereicht werden. Denn: Die Finanzgerichte sind nicht an die Anweisung des Bundesfinanzministers gebunden und werden ihrem höchsten Gericht folgen. Sie haben also gute Chancen, Ihre Steuerbelastung durch Absetzen der außergewöhnlichen Kosten zu senken.
Hier noch ein Hinweis:
Beim BFH ist derzeit ein Verfahren anhängig, bei dem es um die Anerkennung von Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung geht (Az IX R 5/12). Sollten Sie mit solchen Kosten belastet sein, machen Sie sie in Ihrer nächsten Steuererklärung geltend. Bei Ablehnung gilt es auch hier Einspruch einzulegen. Wir werden über den Ausgang des Verfahrens in unserem Steuerblog berichten. Schauen Sie hin und wieder bei uns vorbei.