Digitale Inhalte und das Mini-One-Stop-Shop Verfahren (MOSS)
Verkaufen Sie digitale Leistungen über das Internet oder stellen Sie diese Ihren Nutzern zur Verfügung?
Zum Beispiel Klingeltöne, Spiele, Musik, Bilder, Webseiten oder Ähnliches?
Dann sollten Sie über MOSS Bescheid wissen – vor allem wenn Sie bereits umsatzsteuerpflichtig sind oder planen, über diese digitalen Dienstleistungen zukünftig Einnahmen zu erzielen:
MOSS – Neues Umsatzsteuerverfahren für elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen
Ab dem 1. Januar 2015 liegt für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernseh- sowie auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer der Leistungsort in dem Staat, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Grundsätzlich gilt diese Ortsbestimmung bereits seit dem 1. Juli 2003 für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen, die von im Drittland ansässigen Unternehmern an Nichtunternehmer im EU-Gebiet erbracht werden.
Dies hat Auswirkungen auf die Umsatzsteuerregelung. Daher gibt es die Möglichkeit zur Teilnahme am so genannten Mini-One-Stop-Shop-Verfahren (MOSS), wenn Sie auf elektronischem Wege erbrachte sonstige Leistungen verkaufen.
Was ist eine auf elektronischem Wege erbrachte sonstige Leistung?
Eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung, ist eine Leistung, die über
- das Internet oder
- ein elektronisches Netz, einschließlich Netze zur Übermittlung digitaler Inhalte,
erbracht wird und deren Erbringung auf Grund der Merkmale der sonstigen Leistung in hohem Maße auf Informationstechnologie angewiesen ist; d.h. die Leistung ist im Wesentlichen automatisiert, wird nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erbracht und wäre ohne Informationstechnologie nicht möglich.
Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen umfassen im Wesentlichen:
- Digitale Produkte, wie z.B. Software und zugehörige Änderungen oder Updates;
- Dienste, die in elektronischen Netzen eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken vermitteln oder unterstützen (z.B. Website, Webpage);
- von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateneingabe des Leistungsempfängers;
- sonstige automatisierte Dienstleistungen, für deren Erbringung das Internet oder ein elektronisches Netz erforderlich ist (z.B. Dienstleistungen, die von Online-Markt-Anbietern erbracht und die z.B. über Provisionen und andere Entgelte für erfolgreiche Vermittlungen abgerechnet werden).
Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen sind insbesondere die Bereitsstellung bzw. Erbringung von
- Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen
- Software und deren Aktualisierung
- Bildern
- Texten und Informationen
- Datenbanken
- Musik
- Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien
- Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung
- Fernunterrichtsleistungen
- Online-Versteigerungen (soweit es sich nicht bereits um Web-Hosting-Leistungen handelt) über automatisierte Datenbanken und mit Dateneingabe durch den Leistungsempfänger, die kein oder nur wenig menschliches Eingreifen erfordern)
- Internet-Service-Pakete, die mehr als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet ermöglichen und weitere Elemente umfassen
⇒ Eine detailliertere Liste mit Beispielen finden Sie auf der nächsten Seite (Link am Ende des Artikels).
Abgrenzung zu anderen sonstigen Leistungen und zu Lieferungen
Von den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen sind die Leistungen zu unterscheiden, bei denen es sich um Lieferungen oder um andere sonstige Leistungen handelt.
Insbesondere in den folgenden Fällen handelt es sich um Lieferungen, so dass keine auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen vorliegen:
Lieferungen von
- Gegenständen nach elektronischer Bestellung und Auftragsbearbeitung;
- CD-ROM, Disketten und ähnlichen körperlichen Datenträgern;
- Druckerzeugnissen wie Büchern, Newsletter, Zeitungen und Zeitschriften;
- CD, Audiokassetten, Videokassetten und DVD;
- Spielen auf CD-ROM.
Neuregelung der Umsatzbesteuerung von auf elektronischem Wege erbrachten sonstigen Leistungen an Privatpersonen
Damit erfolgt die Umsatzbesteuerung der o.g. auf elektronischem Wege erbrachten sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer künftig einheitlich am Verbrauchsort. D.h. die o.g. Leistungen unterliegen dem Umsatzsteuersatz, der in dem Mitgliedstaat gilt, in dem der Leistungsempfänger (= Nichtunternehmer) ansässig ist.
Ein deutscher Unternehmer, der die o.g. sonstigen Leistungen auf elektronischem Wege an eine Privatperson im EU-Ausland erbringt, schreibt seine Rechnung mit dem Steuersatz des EU-Auslands sowie nach den Rechnungsanforderungen des EU-Landes. Sinnvoll dabei ist, möglichst viele Daten auf der Rechnung anzugeben, um auf jeden Fall den deutschen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungsschreibung gerecht zu werden.
Ein Kriterium, um sicher zu gehen, dass es sich bei dem Käufer um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt, ist das Vorliegen einer Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer (USt-ID). Grundsätzlich besitzt eine Privatperson keine USt-ID.
Wie funktioniert das MOSS und was muss beachtet werden?
Unternehmer müssen sich deshalb entweder in den Mitgliedstaaten, in denen sie die o.g. Leistungen ausführen, umsatzsteuerlich erfassen lassen und dort ihren Umsatzsteuermelde- bzw. Umsatzsteuererklärungspflichten nachkommen oder die Vereinfachungsmöglichkeit durch das „Mini-One-Stop-Shop“ (MOSS) Verfahren in Anspruch nehmen.
Das MOSS ermöglicht es, den in Deutschland ansässigen Unternehmern, ihre in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ausgeführten Umsätze aus den o.g. Leistungen in einer besonderen Steuererklärung zu erklären und zentral über das Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu übermitteln und die sich daraus ergebende Steuer zu entrichten. Aber nur dann, wenn das Unternehmen keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte in den jeweils anderen EU-Mitgliedsländern hat, in denen die Umsätze durch Verkäufe an Nichtunternehmer generiert wurden.
Achtung: Unternehmer, die ihren Verpflichtungen aus der Teilnahme an dem MOSS-Verfahren wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, werden vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) von diesem Verfahren ausgeschlossen.
BZStOnlinePortal
Die Teilnahme am MOSS kann ein Unternehmen oder dessen Steuerberater auf elektronischem Weg beim BZSt über das BZStOnline-Portal beantragen.
Über das BZStOnline-Portal können dann Registrierungsdaten geändert, Steuererklärungen übermittelt und berichtigt sowie Abmeldungen vom MOSS Verfahren vorgenommen werden.
Abgabezeitraum
Der Abgabezeitraum bezieht sich jeweils auf das Kalendervierteljahr. Die entsprechende Umsatzsteuervoranmeldung mit der ggf. anfallenden Überweisung der Umsatzsteuerschuld muss bis zum 20. des darauffolgenden Monats an das BZSt abgegeben werden. D.h. der Besteuerungszeitraum erstreckt sich jeweils bis zum 31.03.; 30.06.; 30.09.; 31.12. und die Erklärungen sind einzureichen bis zum 20.04.; 20.07.; 20.10.; 20.01. des Folgejahres.
Hinweise zu Umsätzen und Beträgen
Angaben zu den Umsätzen sind getrennt für jeden EU-Mitgliedstaat zu machen. Sie sind nach anwendbaren Umsatzsteuersätzen aufzuschlüsseln.
Die Beträge sind in Euro anzugeben. Bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung ist einheitlich der von der Europäischen Zentralbank festgestellte Umrechnungskurs des letzten Tages des Kalendervierteljahres anzuwenden. Falls für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt wurde, ist der des nächsten Tages anzuwenden.
Nullmeldung
Werden keine Umsätze im betreffenden Kalendervierteljahr ausgeführt, ist eine sogenannte Nullmeldung zu den angegebenen Terminen abzugeben.
Widerruf
Ein Widerruf der Teilnahme am MOSS-Verfahren ist unter Einhaltung einer Widerrufsfrist grundsätzlich bis zum Beginn eines neuen Kalendervierteljahres mit Wirkung ab diesem Zeitraum möglich.
Aufzeichnungen
Über die getätigten MOSS-Umsätze sind Aufzeichnungen zu führen, die es ermöglichen Steuererklärung und Zahlungen auf Richtigkeit zu prüfen. Diese müssen dem Bundeszentralamt für Steuern, dem Finanzamt bzw. den zentral zuständigen Behörden der übrigen EU-Mitgliedstaaten auf Anforderung auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt werden. Die Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre.
Vorsteuern
Der Unternehmer kann auch Vorsteuern, die ihm für Vorleistungen in EU-Mitgliedstaaten in Rechnung gestellt werden, in denen er ausschließlich unter die Sonderregelung fallende Umsätze erbracht hat, im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen.
Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge in Zusammenhang mit diesen Umsätzen stehen. Die Vorsteuervergütung ist in dem Mitgliedstaat geltend zu machen, in dem die Vorsteuerbeträge angefallen sind. Hier sind Fristen zu beachten! D.h. falls der Vorsteuerabzug für Aufwendungen, die in Zusammenhang mit den o.g. Leistungen geltend gemacht werden sollen, ist eine frühzeitige Benachrichtigung des Steuerberaters empfehlenswert.
Erbringt der Unternehmer noch andere Umsätze in diesem EU-Mitgliedstaat und muss er sich deshalb ohnehin dort für Umsatzsteuerzwecke erfassen lassen, hat er die Vorsteuerbeträge dagegen dort insgesamt im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend zu machen.
Bankverbindung
Die Bankverbindung des BZSt lautet:
Zahlungsempfänger: Bundeskasse Trier Sonderkonto EU/UST
Bankname: Deutsche Bundesbank Filiale Saarbrücken
BIC Code: MARKDEF1590
IBAN: DE81590000000059001020
Weitere Infos
Ausführliche Informationen und Beschreibungen zum MOSS-Verfahren finden Sie unter: http://www.bzst.de/DE/Steuern_International/Mini_One_Stop_Shop/FAQ/faq_M1SS_node.html#faq524202
Beratungshinweis von Jasper Steuerberatung zu MOSS
Grundsätzlich empfehlen wir bei dem Verkauf der o.g. Leistungen an Privatpersonen zu klären, ob die Internetplattform (Google, Amazon, etc.) ggf. der Verkäufer ist, denn dann würden diese Plattformen sich zum MOSS-Verfahren anmelden müssen und nicht Sie als unsere Mandanten.
Zwischen deutschem Unternehmen und Internetplattform würde ein Business zu Business-Geschäftsverhältnis vorliegen, welches nach den bekannten Regeln über das Reverse-Charge-Verfahren (= Umsatzbesteuerung geht auf den Leistungsempfänger über) abgewickelt würde.
Würde die Internetplattform nicht als Verkäufer auftreten, so sollten auf jeden Fall nach EU-Land getrennt aufgelistete Verkaufsübersichten von der Internetplattform angefordert werden, um die Meldung an das BZSt möglichst zu vereinfachen. Nach Aussage des BZSt bieten Google und Amazon diese Listen ab dem 01.01.2015 auf Anforderung an!
Rechnet ein deutscher Unternehmer seine EU-Privatkundengeschäfte über sein Konto per Paypal ab, so ist er verpflichtet Einzelrechnungen nach den o.g. Vorgaben zu schreiben, denn Paypal gilt als nur als Abrechnungssystem bzw. Zahlungsplattform. Die EU-Umsatzsteueranmeldung ist dann notwendig.
Unsere Handlungsempfehlung: Wir raten dringend zur Teilnahme an dem MOSS-Verfahren!
Wenn Sie keine Anmeldung zum MOSS-Verfahren vornehmen, würde ansonsten eine Anmeldung zur Umsatzsteuererklärung in jedem belieferten EU-Land notwendig werden.
Bitte reichen Sie uns dazu die entsprechenden Rechnungen ein, in einem gesonderten Stapel bzw. auf einer Heftlasche und sortiert nach EU-Land. Termin sollte bis zum jeweils 10. des auf das Quartalsende folgenden Monats sein. Natürlich können Sie uns die Auslandsrechnungen an Privatpersonen gerne auch monatlich einreichen. Aber bitte auch dann getrennt von den übrigen Belegen auf einem gesonderten Stapel und nach EU-Land sortiert.
Eine Dauerfristverlängerung wird für das MOSS nicht gewährt!
Auf Seite 2 finden Sie die ausführliche Liste zu den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
*EU-Ausland = EU-Länder ausserhalb vom jeweiligen Mitgliedsstaat, z. B. von Deutschland aus gesehen: alle EU-Länder außer Deutschland (Länder außerhalb der EU werden als Drittländer bezeichnet)